Dissertationsprojekt von Dr. des. Jan Vondráček
Besatzungsalltag im „Protektorat Böhmen und Mähren“ 1939-1945
In der Geschichtsschreibung zum „Protektorat Böhmen und Mähren“ dominierte bisher ein Narrativ, das nur politische Akteure wahrnimmt, also Besatzer und Täter einerseits, Widerstandsorganisationen und Exilregierung andererseits. In Abgrenzung davon richtet dieses Projekt, mit Hilfe eines sozial- und kulturgeschichtlichen Ansatzes, den Fokus auf das Alltagsleben der lokalen Bevölkerungen.
Neben den strukturellen Rahmenbedingungen des Alltags werden anhand von Fallbeispielen insbesondere die spezifischen Gewalterfahrungen der lokalen Bevölkerungen, die nicht immer unmittelbarer Natur waren, im Mittelpunkt der Untersuchung stehen. In diesem Zusammenhang sind Aspekte wie Mangel, Bildungsentzug, Berufsverbote und „Totaleinsatz“ zu nennen. Ferner sollen die Handlungsspielräume und die spezifischen Praktiken der lokalen Bevölkerungen betrachtet werden, sich diesen Gewaltmaßnahmen, von denen Frauen ebenso betroffen waren wie Männer, zu entziehen.
Für dieses Dissertationsvorhaben werden Quellen vor allem aus tschechischen Zentral-, Regional- und Ortsarchiven herangezogen, aber auch Egodokumente und Prozessakten, die nach der Befreiung der Tschechoslowakei 1945 entstanden sind.