Forschungsprojekt Dr. Maria Remenyi
Formen und Funktionen populärer mathematischer Texte in Deutschland, 1871-1945
International bereits seit den 1980er Jahren, in Deutschland seit etwa 15 Jahren sind das Verhältnis von und mögliche Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit Gegenstand historischer und wissenschaftssoziologischer Untersuchungen.
Bei unterschiedlicher konzeptioneller Herangehensweise ist der überwiegenden Zahl dieser Studien eines gemein: die Mathematik wird trotz ihrer zentralen Bedeutung als Grundlagen- und Hilfswissenschaft für eine Vielzahl technischer, sozial- und naturwissenschaftlicher Disziplinen nicht behandelt. Begründet wird dies häufig mit der mangelnden Vermittelbarkeit und scheinbar wenig sichtbaren gesellschaftlichen Relevanz abstrakter Mathematik.
Gegenstand des vorliegenden Forschungsprojektes ist zunächst eine Sichtung relevanter populärer mathematischer Texte in Deutschland für den Zeitraum 1871-1949. Zu einer exemplarischen und aussagekräftigen Quellenauswahl gehören dabei folgende Bereiche publizistischer Aktivitäten:
1) populärwissenschaftliche Periodika (z. B. „Naturwissenschaftliche Rundschau“, „Naturwissenschaftliche Wochenschrift“ und „Die Naturwissenschaften“),
2) mathematische Literatur für einige Anwendungsgebiete der Mathematik wie Architektur, Lebens-, Geo- und Sozialwissenschaften,
3) mathematische Unterhaltungsliteratur.
Die interpretative Arbeit am erschlossenen Quellenmaterial soll eine umfassende Darstellung der sich zeitlich verändernden Rolle populärer Publizistik für die Wahrnehmung und Bewertung mathematischer Inhalte in verschiedenen Öffentlichkeiten liefern. Ein weiteres Erkenntnisinteresse liegt in der Erarbeitung möglicher Auswirkungen von Popularisierung als Kommunikationsprozess auf die disziplinäre Entwicklung der Mathematik.