Neue Blockveranstaltung "Grundlagen der Wissenschaftlichen Revolution, ca. 1543 bis 1687"
Neue Blockveranstaltung "Grundlagen der Wissenschaftlichen Revolution, ca. 1543 bis 1687"
Schwerpunkte
Reformverlierer im römischen Umfeld zur Zeit des Reformpapsttums
Der Übergang von einer kollegial organisierten „Bischofskirche“ zu einer zunehmend hierarchisch strukturierten und auf Rom zentrierten „Papstkirche“, der in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die gesamte lateinische christianitas tiefgreifend veränderte, hatte auch auf die römische Kirche in ihrer lokalen Dimension schwerwiegende Auswirkungen. Die politisch-militärischen und kirchenpolitischen Auseinandersetzungen, die zur Durchsetzung des Reformpapsttums in der ewigen Stadt führten, sind jedoch fast ausschließlich aus der päpstlichen Perspektive erforscht worden, während die Akteure, die in diesen Konflikten unterlagen, in der Forschung nur geringe Beachtung gefunden haben. Um diese erhebliche Lücke zu füllen, wird sich daher die Untersuchung auf die Verlierer in stadtrömischen sowie kurialen Auseinandersetzungen vom Anfang des Reformpapsttums (1046) bis zur Auflösung des wibertinischen Schismas (1101) fokussieren.
In erster Linie verlor der römische Adel im Zuge dieses Umbruchs die Verfügungsgewalt über die Papsterhebung und viele römische Kleriker fielen der päpstlichen Bekämpfung der Simonie zum Opfer. In einer späteren Phase trieb jedoch die hierokratische Radikalisierung der Kirchenreform unter Gregor VII. auch reformorientierte Kardinäle in das Lager der Gegner des Reformpapsttums. Diese schismatischen Kardinäle, die den Gegenpapst Clemens (III.) unterstützten, haben ein Korpus von Streitschriften hinterlassen, welche aufschlussreiche Einblicke in ihre kirchenpolitischen und ekklesiologischen Auffassungen vermitteln. Nach wechselndem Kampfesglück schlossen sie sich im Jahr 1101 der „Schar der Verlierer“ an, als der letzte von ihnen gewählte Gegenpapst öffentlich abgesetzt und gedemütigt wurde. Die Untersuchung soll darüber hinaus verdeutlichen, dass auch Hauptprotagonisten der Kirchenreform Niederlagen erfahren mussten: Humbert von Moyenmoutier und Petrus Damiani wurden zwar zu Hauptfiguren der Kurie, sie konnten jedoch im römischen Milieu nur zum Teil ihre Reformanliegen durchsetzen.
Neben der sorgfältigen Rekonstruktion der Ursachen und des Ablaufs der Konflikte soll auch die Herausarbeitung der gegensätzlichen Legitimierungs- und Delegitimierungsstrategien im Mittelpunkt stehen, mit besonderem Blick auf die rhetorischen Konstruktionen der gregorianischen Propaganda. Wesentliche Instrumente für die Dekonstruktion der parteiischen Darstellungen der Reformverlierer bietet die „Theorie des Verlierertums“ von Sabine Graul und Marian Nebelin, welche die Reflexion von Walter Benjamin über die „Besiegten“ systematisiert und weiterentwickelt hat. Auf dieser Grundlage soll die Untersuchung verdeutlichen, dass nicht alle Reformverlierer als Widersacher einer moralischen Reform der christianitas zu betrachten sind, da einige von ihnen eher andere Reformanliegen vertraten, die zum Teil von den gregorianischen Auffassungen abwichen.
Pressemitteilung zur DFG-Genehmigung des Projektes
Leo IX und die papstgeschichtliche Wende
Zurecht ist der Pontifikat Leos IX. von der Forschung als endgültigen Beginn der "papstgeschichtlichen Wende" bezeichnet worden: Er öffnete nämlich die Tür zu einer Moralreform der Gesamtkirche, die zu einer Romzentrierung der Kirche führte. Auf der Grundlage der von Karl Augustin Frech seit Kurzem herausgegeben Regesten soll im ersten Teil der Dissertation die Urkundenproduktion Leos IX. systematisch analysieret werden. Ziel hierbei ist es, den Beitrag des Lothringischen Papstes zur Entwicklung der "primatialen Sprache" der Prima Sedes zu fokussieren und seine wichtigsten Quellen bzw. Vorlagen und Vorbildern festzustellen. Gegenstand des zweiten Teiles der Studie ist die konkrete Handlung Leos IX., die zu einer epochalen Wende der päpstlichen Regierungsart geführt hat. Zu untersuchen ist zunächst die zunehmende Verflechtung von römischer Kirche und Reichskirche, vor allem der Einfluss der lothringischen Mitarbeiter auf die Aktion Leos IX. Besondere Aufmerksamkeit soll außerdem in einem Abschnitt der Studie der synodalen Tätigkeit Leos gewidmet werden: es handelt sich hierbei um das hauptsächliche Mittel, das im Zuge der moralischen Reform der Christenheit vom Papst eingesetzt wurde. Abschließend, aber nicht zuletzt, soll der Wandercharakter des Pontifikats Leos IX. im Hinblick auf die Reisen des Papstes untersucht werden.
Projektleiter: Prof. Dr. Jochen Johrendt, Prof. Dr. Wendan Li
Projektmitarbeiter: Dr. Francesco Massetti, Dr. Caterina Cappuccio
Der Einfall der Mongolen in Westeuropa im Jahr 1241 brachte eine epochale Wende in der Kommunikation zwischen Lateineuropa und dem Fernen Osten mit sich. Es entwickelten sich sowohl die Möglichkeit als auch das Bewusstsein für die Dringlichkeit direkter Kontakte mit dem Großkhan und den anderen mongolischen Herrschern, um diese von einem Friedensbündnis mit den christlichen Ländern zu überzeugen, welches auch zur Wiedereroberung verlorener Territorien im Heiligen Land führen sollte. Zugleich sah der Apostolische Stuhl in den sorgfältig gepflegten Kontakten mit dem Imperium Tartarorum die Chance, neue Gläubige zu gewinnen. Zu diesen Zwecken entsandten die Päpste von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts mehrere Gruppen von Legaten und Missionaren in den Fernen Osten. Durch diese Gesandtschaften, deren Hauptakteure die Franziskaner waren, wurde Wissen ausgetauscht und diözesane Institutionen eingerichtet.
Während sich die Forschung hauptsächlich auf die Reiseberichte der ersten, wegbereitenden Gesandten – wie Johannes de Plano Carpini und Wilhelm von Rubruck – fokussiert hat, ist der späteren Entwicklung der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Apostolischen Stuhl und den mongolischen Herrschern keine spezifische Untersuchung gewidmet worden. Hier setzt das Forschungsprojekt ein und bietet eine Abhandlung in Kombination mit einer kritischen Edition der die die Mongolen betreffenden päpstlichen Quellen im 14. Jahrhundert mit historischem Kommentar und Begleituntersuchungen. Die Studie ist insbesondere aufgrund der globalgeschichtlichen Tragweite dieser Beziehungen ein wichtiges Forschungsdesiderat. Der Grund für die Konzentration auf die päpstlichen Quellen liegt darin, dass sie den Hauptteil der diplomatischen Quellen bezüglich der Mongolen bilden; ihre Bedeutung war der römischen Kurie schon im 14. Jahrhundert bewusst, was das Vatikanregister 62, eine Briefsammlung zum Verhältnis des Papsttums zu Ungläubigen und Schismatikern, deutlich bezeugt. Die geplante Untersuchung orientiert sich einerseits an den modernen editionswissenschaftlichen Anforderungen, andererseits wird eine solide Kommentierung und Untersuchung sowohl vom Standpunkt der Mediävistik aus als auch der Orientalistik und Sinologie durchgeführt.